Sonntag, 27. Juli 2014

Gratis 3. Kapitel: Der Pakt (es geht weiter)

Hallo Freunde der Nacht!

Es ist wieder Sonntag und somit geht es weiter in unserer Welt `Zwischen Göttern und Teufeln`.

Wir sind jetzt bei Kapitel drei.
Im zweiten Kapitel habt ihr schon die Wächterin Jessica Sommers und ihre Kampfkünste kennen gelernt.
Auch im dritten geht es weiter mit ihr und ihr lernt nun mehr über Die Organisation und ich stelle euch Jessicas Boss, den Vermittler Frank Mcbright vor. Frank Mcbright. Was ist denn das für ein Typ? Auch wenn er im Laufe der Bände keine Hauptrolle spielt, solltet ihr ihn in eurem Hinterkopf behalten. Unwichtig ist er nämlich ganz sicher nicht! 

Meine Sonntagsfrage:  Ihr seid in einer festen Beziehung. Ihr seid abhängig von eurem Partner. Man könnte sogar sagen, ihm/ihr ausgeliefert. Aber ihr wisst nicht, ob ihr ihn wirklich noch liebt. Was tun?

 Ich freue mich auf eure Kommentare!

Viel Spaß mit dem dritten Kapitel wünscht euch,

eure Laya Talis und ich sende euch wie immer, meine dunklen Grüße!

zu allen bisher hier veröffentlichen Kapiteln: Der Pakt gratis


Kopieren und weiterverbreiten des Textes ist nicht gestattet! Danke für euer Verständnis.
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Frank Mcbright



Der Pakt – Zwischen Göttern und Teufeln, Band eins
Copyright: © 2013 Laya Talis

Kapitel drei
Jessica
Vier Stunden später

Nachdem Jessica geduscht und einen festen Verband um ihre Bisswunde gebunden hatte, holte sie sich eine frische Uniform aus ihrem  Holzkleiderschrank. Das Scharnier knarrte laut, als sie die Tür mit einem lässigen Schubs ihrer Hüfte wieder zuschlug. Die olivgrüne Bluse, mit den goldenen Druckknöpfen, spannte sich eng um ihre schmale Taille und ihren großen Brüsten. Ihre Hose war aus dem gleichen, festen Stoff und in derselben Farbe. Wie auch ihre Jacken; so wie alle Wächter sie trugen. An den Säumen der Ärmel ihrer Blusen und ihrer Jacken, war jedoch noch zusätzlich ein breiter, goldener Streifen aufgenäht, der sie als eine erste Wächterin auswies. Sie war stolz auf dieses Abzeichen.

Grundsätzlich waren immer vierundzwanzig Wächter einem Vermittler unterstellt. Einer dieser Wächter nahm eine besondere Position ein. Er war der ranghöchste unter ihnen, die anderen waren alle auf einer Befehlsstufe. Sie war dieser Wächter und somit der erste unter den vierundzwanzig.
Jeder Vermittler war auf einer höheren Hierarchiestufe, als ein Wächter. Sie waren es, die mit den Vampiren kommunizierten. Die Wächter sollten die Vermittler  schützen und die abtrünnigen Vampire aufspüren und ausschalten. Zumindest war dies die Aufgabe der Soldaten Gottes, die eine besondere Kaste innerhalb der Reihen der Wächter bildeten. Sie waren die Krieger der Organisation, gedrillt auf Gehorsam und ausgebildet für den Kampf. Andere Wächtergruppen übten innerhalb der Organisation Berufe aus, wie es sie überall gab, denn die Organisation unterhielt eigene Fabriken, Schulen und Krankenhäuser in fast allen Teilen der Welt. Und sie bekleideten in den wichtigsten Ländern der Erde die höchsten und einflussreichsten Positionen in Politik, Wirtschaft und Militär. Wie weitreichend dieses Netzwerk jedoch wirklich war, wusste eine Wächterin wie Jessica nicht.
Die Menschen, die nicht Mitglied dieser Vereinigung waren, ahnten nicht einmal, dass es die Organisation überhaupt gab. Sie wussten nicht, dass seit zweitausend Jahren ein mächtiger Geheimbund großen Einfluss auf die Geschicke der Welt hatte. Ein Geheimbund, der sich einst den Vampiren unterworfen und nur auf deren Befehl hin agierte hatte. Treue, unfreie, menschliche Lakaien waren sie gewesen.

Doch diese Zeit war vorbei! Die Organisation hatte vor Jahrzehnten endlich erkannt, dass die Blutsauger nichts anderes waren als seelenlose Diener des Satans, die ausgerottet werden mussten und vor zehn Jahren war es schließlich zu einem offenen Kampf gekommen. Doch die Vampire waren stark und die Menschen verloren den Krieg. Auch wenn sich die Organisation trotz der Niederlage weitestgehend von dem Diktat der Vampire emanzipieren konnte, band ein neuer Pakt sie mit den Verdammten.

Der Rat, die zwölf obersten Führer der Organisation, von Gott selbst erwählt, durch Gottes Gnaden eingesetzt, hatten vor acht Jahren einem neuen Abkommen zugestimmt, was schließlich den Frieden besiegelte. Das, was der Rat beschloss, was er tat und sagte, wurde ihm direkt von Gott eingegeben. Die Meinung des Rates war daher unfehlbar, denn sein Wille, war der Wille Gottes. Letztlich würde die Organisation diese Ausgeburten der Hölle irgendwann  vernichten, doch wie und wann dieses hehre Ziel erreicht würde, bestimmte der Rat, denn nur er kannte Gottes Plan.
Jessica glaubte fest daran. Die Menschen waren die Geschöpfe Gottes, die Vampire die Kreaturen des Teufels. Vampire, Monster, die nicht fähig waren Mitleid, Schuld und Liebe zu fühlen.
Jessica küsste ihr silbernes Kreuz, das an ihrer Halskette baumelte und betete um die Seelen der beiden Menschen, die sie nicht hatte schützen können. Dann ging sie zurück in ihr kleines Badezimmer, schaute in den runden Spiegel über dem verschmutzten Waschbecken und zupfte ihre kurzen, blonden Strähnen zu recht. Sie trug seit Jahren eine klassische Kurzhaarfrisur mit stets akkurat gerade über den Augenbrauen abschließendem Pony. Sie hasste es, wenn ihr auch nur eine Strähne in die Augen fiel, denn das würde sie beim Zielen und Schießen behindern. Die anderen Haare endeten knapp unterhalb ihres Ohres, wurden zum Nacken hin aber etwas kürzer.
Ein Schlüssel wurde in ihre Wohnungstür gesteckt und mehr aus Gewohnheit als aus der Befürchtung heraus, dass ein Vampir sich die Mühe gemacht hätte, erst ihren Wohnungsschlüssel zu stehlen, um dann bei ihr einzubrechen, hatte sie sofort ihre SIG vom Klodeckel aufgehoben. Auch während sie sich wusch, war  ihre Pistole immer in Griffweite. Lieber neurotisch als tot. War doch ein schönes Motto. Könnte sie sticken, würde sie diesen Schriftzug auf einem Sofakissen verewigen. So anstelle von home sweet home.

„Jessie?“, hörte sie eine männliche Stimme rufen.
Sie steckte beruhigt ihre SIG in das Holster an ihrem Gürtel und ging in ihr kleines Wohnzimmer.
Frank stand mitten in ihrem Chaos von Klamotten, Schuhen und leeren Pizzaschachteln, und sah sie mit einer Mischung von Besorgnis und Ungeduld an. Wie gewöhnlich trug er eine schwarze Stoffhose und ein schwarzes Hemd. Wächter durften kein schwarz tragen, denn schwarz war die Farbe der Vermittler.
„Hi … Ich wollte gerade zu dir. Ich war sozusagen schon auf dem Weg“, sagte sie und biss sich nervös auf ihre Unterlippe. Eigentlich hätte sie ihm gleich Bericht erstatten müssen, anstatt sich erst etwas auszuruhen und zu duschen. Doch sie hatte sich nicht überwinden können, ihm sofort unter die Augen zu treten. Ihr schlechtes Gewissen veranlasste sie auch jetzt dazu, den Blick auf den Boden gerichtet zu lassen.
„Michael hat mir erzählt, was passiert ist. Ich hatte erwartet, dass meine erste Wächterin mich informiert und nicht ihr Stellvertreter“, sagte Frank. Seine Stimme war ruhig und Jessica wagte es kurz aufzusehen. Mit Michael meinte er Mike. Frank war vermutlich der einzige, der seinen vollen Vornamen benutzte.

War Frank wütend? Möglich, er zeigte nicht, was in ihm vorging. Er war, wie jeder andere Vermittler auch, ausgebildet worden, seine Gefühle zu verbergen. Wenn er es wollte! Die perfekten Lügner. Ideal, um mit Wesen zu kommunizieren, die wie die Vampire, Kreaturen des Teufels, des Meisters der Lüge und der Hinterlist, waren. Feuer bekämpfte man am besten mit Feuer.
„Äh, ja … Ich ... ich, äh … Klar. Tut mir leid.“ Sie schluckte und straffte ihre Schultern. „Ich bitte um Vergebung und ich erwarte deine Strafe für mein Versagen. Es war meine Schuld.“
Frank ging zu ihrem braunen Sofa, hob eine Hose und einen Teller auf, um sich Platz zu verschaffen und legte beides auf den flachen, zugemüllten Glastisch, der vor ihm stand. Dann setzte er sich seufzend auf die Couch. „Ich würde nicht von Schuld sprechen, Jessie.“
Sie schnaufte und folgte ihm, bis sie direkt vor ihm stand. „Die Menschen sind tot, Frank. Ich habe sie nicht gerettet.“

„Ich mache mir mehr Sorgen darum, dass du einen Vampir getötet hast.“
„Nur ein toter Vampir ist ein guter Vampir“, sagte sie und wagte ein Lächeln.
Frank runzelte seine Stirn und zeigte jetzt seinen Ärger. Um seinen schmalen Mund zuckte es verräterisch. Er war nicht jähzornig, aber dennoch neigte er dazu  laut zu werden, wenn er einen seiner Wächter maßregelte. Doch seine Stimme blieb weiterhin verhalten. „Deine Witze sind unangemessen.“ Er fuhr sich mit beiden Händen übers Gesicht und seufzte wieder laut. „Jonathan hat mich vor einer halben Stunde angerufen.“
Jessica spürte, wie sich ihre Muskeln versteiften. Der Blutsauger hatte nicht lange gewartet, um sich über sie zu beschweren. Sie wartete regungslos darauf, dass Frank weitersprechen würde.
Als er jedoch nach ein paar Minuten immer noch schwieg, begann Jessica nervös von einem Bein auf das andere zu wippen. „Und? Was hat Jonathan gesagt?“
„Er fordert einen Ausgleich für den Verlust des Vampirs, den du getötet hast.“
„Einen Ausgleich? Was soll das heißen, verdammt?“, fragte Jessica und biss wieder auf ihre Unterlippe.
Frank faltete seine Hände in seinen Schoß und sah sie jetzt direkt an, dennoch wirkte sein Blick verschlossen. „Du tötetest einen seiner Vampire. Dafür verlangt er den Tod von einem meiner Wächter.“

„Was?“, schrie Jessica und stürzte auf Frank zu. Sie kniete vor ihm nieder und ergriff seine Hände. „Frank. Das kannst du nicht tun. Du kannst doch keinen-“, sie stoppte und schluckte schwer. „Er fordert mich?“, brach es dann heiser aus ihr heraus. Sie musste daran denken, wie Jonathan sie angesehen hatte, als er ihr seine Visitenkarte angeboten hatte. Wenn dieser Parasit sie in die Fänge bekäme, würde er sie nicht einfach nur töten. Zuerst würde er sie vergewaltigen. Vermutlich mehr als einmal. Jessica kämpfe darum nicht zu würgen. Eher würde sie sich selbst ein Messer ins Herz rammen, als zuzulassen, dass ein Vampir seine dreckigen, kalten Finger auf sie legte.
„Nein. Er nannte keine Namen.“

Jessica ließ sich auf ihren Hintern gleiten und starrte auf die grinsende Comicfigur, die auf der Pizzaschachtel neben ihr abgebildet war. „Nicht meinen?“, wisperte sie. Sie hätte erwartet, dass der Parasit gerade ihr Leben verlangen würde. „Es ist aber meine Schuld.“ Bei dem Gedanken daran, wie einer ihrer Wächter von ihm angefasst und ausgesaugt wurde, krümmte sie sich nach vorn. Sie hatte Magenschmerzen und ihr wurde schlecht. Wenn Frank jetzt einen Namen nannte,  einen ihrer Kameraden, um ihn  auszuliefern, würde sie ihm auf die Füße kotzen. Jessica schloss ihre Augen und spürte, wie ihre Tränen durch ihre geschlossenen Lider flossen. Es durfte kein anderer sterben, da sie versagt hatte. Nein, sie würde sich nicht in den Freitod flüchten und jemand anderen ihre Schuld begleichen lassen.

„Was wirst du tun?“, fragte sie flüsternd.
„Er verlangt eine Wächterin. Er will eine Frau, aber auf keinen Fall dich. Ich habe das Gefühl, er hat Angst vor dir.“ Frank umfasste sanft ihre Oberarme und zog sie hoch, bis sie zwischen seinen Beinen kniete. Jessica weinte leise, lehnte ihre Stirn an seine Schulter und versuchte zu begreifen, was sie angerichtet hatte. Sie war eine erste Wächterin. Ihre Aufgabe war es auch, ihre Wächter mit ihrem Leben zu schützen und jetzt war es ihre Schuld, wenn sie einen von ihnen an die verdammten Parasiten ausliefern mussten? Nein, nein. Dem durfte Frank einfach nicht zustimmen. Wenn, würde sie sich anbieten. Entweder begnügte sich der Parasit mit ihr oder er sollte verrecken! Er sollte so oder so verrecken!!!
„Ich habe abgelehnt“, sagte Frank.

Jessicas Kopf ruckte hoch und sie schaute erleichtert in sein Gesicht. Frank war dieses Jahr fünfzig geworden. Er hatte grüne Augen und sein Haar war schon grau, was seine Attraktivität nicht milderte. Er war etwas größer als sie und anders als viele andere Vermittler war er durchtrainiert, wenn auch nicht sonderlich muskulös. Sie war jetzt beinahe fünf Jahre mit ihm liiert. Eine Verbindung, die in der Organisation nicht gestattet war. Er war ihr Vermittler, das bedeutete, sie hatte jedem seiner Befehle zu gehorchen, wie es jeder seiner Wächter musste. Befehle, die nicht selten darauf hinausliefen, dass der Wächter bei deren Befolgung starb. Ein guter Grund, warum es der Rat nicht billigte, wenn es zu intimen Beziehungen zwischen Vorgesetzten und ihren Untergebenen kam. Frank hatte bislang jedoch nicht gezeigt, dass es ihn in einen Gewissenskonflikt brachte, sie auf Missionen zu schicken, die ihren Tod bedeuten konnten. Er behandelte sie nicht anders, als die übrigen seiner Wächter, abgesehen davon, dass sie als erste Wächterin über den anderen stand. Diese Position beinhaltete sogar, dass sie sich nicht selten den größten Gefahren aussetzte. Sie trug die Verantwortung für ihr Team, sie musste sie schützen, stand immer in vorderster Front.
„Wie hat Jonathan darauf reagiert?“, fragte sie neugierig.
„Er droht mir damit, dass er den Mord an Marcus melden und er ihm mitteilen würde, dass du das Abkommen mit Wissen und Wollen gebrochen hast“, sagte er.

„Marcus?“, fragte sie erschrocken und unbewusst legte sie ihre Hand an ihre Kehle. Jeder Wächter wusste, wer das war. Marcus war der erste Vampir, des Vampirkönigs rechte Hand. Er war beinahe so gefürchtet wie Antonius. Antonius. Die Bestie! „Scheiße … Frank, ich wollte das nicht. Ich habe nicht erkannt, dass sie nicht die Vampire waren, auf dessen Jagd du mich geschickt hast.“
„Ich weiß … Ich glaube, er blufft. Jonathan ist in der Hierarchie der Vampire nur ein kleines Licht, auch wenn er sich gern aufspielt und über einen kleinen Teil von New York für Niklas regiert. Eigentlich ist er nicht mehr als ein Beamter des Fürsten. Ich bezweifle, dass er sich trauen wird, sich an Marcus zu wenden. Vermutlich kann er ihn nicht einmal selbst erreichen, genauso wenig wie ich ein Mitglied des Rates oder du einen Master. Er muss sich zunächst an seinen Fürsten wenden und der ist hier nun einmal Niklas und nicht Marcus. Dass er behauptet, gleich mit Marcus Kontakt aufzunehmen, ist mir Beweis genug, dass er rein gar nichts unternehmen wird.“
„Das weißt du aber nicht.“
Frank streichelte beruhigend ihre Wangen und küsste sie einige Male zärtlich auf den Mund. „Ich bin lange genug ein Vermittler, um  Vampire einschätzen zu können. Ich lasse mich von keinem so niederrangigen Vampir herumkommandieren. Master Friedrich werde ich aber  unterrichten müssen, Jessie.“

Jessica legte ihre Hände auf seine, die noch immer tröstlich ihren Kopf festhielten. Frank klang mehr besorgt darum, seinen Stolz nicht zu verlieren, als um die Sicherheit seiner Wächter. Aber nein. Jessica tat ihm Unrecht. Natürlich ging es ihm hauptsächlich um seine Wächter. Schließlich trug er die Verantwortung für sie, genau wie Jessica und auch er war wütend.
„Master Friedrich? Was, wenn er will, dass du doch einen von uns Jonathan überlässt?“
„Ich kenne den Master gut. Er wird keinen seiner Wächter grundlos ans Messer liefern“, sagte Frank fest, beugte sich wieder zu ihrem Mund und küsste sie sanft. „Jonathan hat es herausgefordert, dass du den anderen Vampir tötest. Die verfluchten Vampire suchen immer nach neuen Wegen, sich an uns zu rächen. Da Van Soehlen ihnen verbot uns anzugreifen, versuchen solche Blutsauger wie Jonathan es eben so. Marcus ist bekannt für seinen Scharfsinn und würde Jonathans Spiel sofort durchschauen. Davon dürfte Jonathan auch selbst ausgehen. Marcus wird es nicht billigen, wenn ein Vampir versucht, Van Soehlens Wünsche zu umgehen. Jonathan kann nichts unternehmen, wenn ich seiner Forderung nicht nachgebe, ohne sich selbst an seinen ersten Vampir zu verraten, und so dumm ist er nicht. Vertrau meinem Urteil.“

Ephraim Van Soehlen. Der Meister der Vampire. Jessica spürte, wie sie eine Gänsehaut bekam, wenn sie nur an ihn dachte, obwohl sie ihm nie begegnet war. Genauso wenig wie einem anderen der wirklich hochrangigen Vampire. Wächter bekamen es im Normalfall nur mit dem niederrangigen Abschaum von Blutsaugern zu tun und mit den Blutgeiern.
„Natürlich vertraue ich dir. Es ist nur … Ach, verdammt! Soviel Ärger.“ Sie schlug sich mit ihrer Hand vor die Stirn. „Ich bin ein solcher Idiot. Es tut mir leid. Ich werde nächstes Mal nachdenken, bevor ich losballere.“
„Dein Hass und deine Wut verleiten dich nicht zum ersten Mal dazu unüberlegt zu handeln“, sagte Frank.
Der Vorwurf in seinen Worten war berechtigt, dennoch verletzte es Jessica, dass er so über sie dachte. Auch wenn er vorhin etwas anderes gesagt hatte, gab er ihr offenbar doch die Schuld an ihrer Fehleinschätzung.

„Ich werde dich ein paar Wochen nicht losschicken. Ich denke, du brauchst eine Pause.“
„Was?“, brauste Jessica auf und zerrte seine Hände von ihrem Gesicht. „Das ist nicht dein Ernst.“
Franks Gesichtsausdruck wurde hart. „Ich werde das nicht mit dir diskutieren.“
Sie schnaufte wütend und stand abrupt auf. „Ja, Sir. Wenn du erlaubst, wäre ich gern allein.“
„Du schmeißt mich aus deiner Wohnung?“
„Nein, das kann ich nicht und was ich will, ist sowieso egal. Du bist schließlich mein Boss. Ich kann dir gar nichts befehlen, sondern muss nur tun, was du sagst“, schnauzte sie und fluchte gleich darauf. Was tat sie hier bloß? So durfte sie nicht mit ihm sprechen. „Tut mir leid. Bitte, Frank. Lass mich allein.“
„Wie du willst!“ Frank erhob sich und stapfte  verärgert in Richtung Tür. Bevor er sie erreicht hatte, klopfte jemand an.
Jessica stellte sich sofort beschützend vor Frank und zog ihre SIG. Sie war sein Wächter und auch wenn sie sauer auf ihn war, würde sie jederzeit und bedingungslos ihr Leben geben, um das seine zu retten.

„Ich bin es. Mike!“, sagte der unerwartete Besucher hinter der Tür. Mike kannte sie gut genug um zu wissen, dass es besser war sich sofort als Freund erkennen zu geben, wenn er nicht mit einem dritten Nasenloch dekoriert werden wollte.
Frank schob sie einfach zur Seite und während Jessica ihre Waffe wieder wegsteckte, riss er mit Schwung die Tür auf.
Mike starrte ihn überrascht an, fing sich aber schnell und salutierte hastig. „Sir.“ Er nickte Frank zu. „Entschuldigen Sie. Ich wusste nicht, dass Sie hier sind.“
„Was wollen Sie, Michael?“, fragte Frank und hatte seinen typischen Vorgesetztenton angeschlagen. Dunkle Stimme, forsch gesprochene Silben und hart betonte Vokale. Sein schottischer Akzent trat in solchen Momenten immer deutlich hervor.

Jessica biss sich auf die Unterlippe und spielte nervös an ihrem Kettenanhänger. Sie wusste ebenso wie Frank, dass Mike in sie verliebt war. Doch Mike war kein Idiot und hielt gewöhnlich angemessenen Abstand zu ihr. Er unternahm keinen Versuch, sie für sich zu gewinnen. Es wäre nicht zu seinem Vorteil gewesen, seinem Vermittler die Freundin auszuspannen.
„Äh – Jessie wurde während des – äh – Einsatzes verletzt. Ich wollte nach ihr sehen, Mr Mcbright.“ Mike rieb sich seinen Nasenrücken mit Daumen und Zeigefinger.
„Das ist nicht nötig. Sie können wieder gehen!“, entschied Frank und bemühte sich nicht im Geringsten zu verbergen, dass er gereizt war.
Jessica ärgerte sich darüber, dass er Mike wegschickte. Mike war ihretwegen hier, doch sie widersprach ihm nicht. Er war ihr Vermittler, sie waren seine Wächter. Er durfte sie hinschicken, wohin er wollte, ohne dafür eine Begründung geben zu müssen.

„Ja, Sir.“ Mike schaute zu Jessica und wischte sich seine breiten Hände an seiner olivgrünen Hose ab, als müsste er seine Handflächen säubern. Im Gegensatz zu Frank war sein Körperbau bullig. Er war ungefähr so groß wie Jessica, aber ein wahrer Muskelberg. Und er war sehr klug. Er war zwar ein Wächter und ein Krieger, aber er war auch Arzt und ein Wissenschaftler. Frank verlangte immer, dass Mike bei jedem Feindkontakt hinzugezogen wurde. „Wenn du noch Beschwerden bekommst, kannst du mich anrufen, Jessie“, bot er ihr an.
„Ich sagte, das ist nicht nötig“, wiederholte Frank eisig.
„Äh, ja Sir. Natürlich.“ Zwischen Mikes Augen erschien eine steile Falte, als er seine Augenbrauen zusammen zog, doch er salutierte und ging gehorsam.
Frank warf die Tür wieder zu und als sie knallend ins Schloss fiel, zuckte Jessica zusammen. „Kommt er öfter so spontan in deine Wohnung?“ Sein Blick war forschend auf ihr Gesicht gerichtet.
Eine Auseinandersetzung mit ihm war das letzte, worauf sie jetzt Lust hatte.
„Äh … nein. Nicht öfter als die anderen Wächter, denke ich.“ Jessica biss sich auf ihre Unterlippe und drehte ihm ihren Rücken zu. „Wolltest du nicht gehen?“

„Nein! Wie oft kommt Michael hier her? Unangemeldet und unnötig.“
Jessica fuhr wütend herum. „Was soll der Scheiß? Mike ist mein Partner und ich bin seine erste Wächterin, verdammt. Und er ist der Arzt unseres Teams. Willst du ihm verbieten, dass er sich um mich sorgt?“
Frank war mit einem langen Schritt bei ihr und hob seine Hand, die Handfläche ihr zugewandt, die Augen sprühten regelrecht vor Zorn.
Erschrocken starrte sie in an.
Wollte er sie – schlagen? Sie blieb steif stehen und unternahm nichts, um ihm auszuweichen oder sich zu verteidigen. Sie durfte es nicht. Er war ihr Vermittler, sie sein Wächter.
Frank verharrte mitten in der Bewegung und senkte seine Hand wieder. Statt zuzuschlagen, rieb er sich sein Gesicht auf eine Weise, die ihn müde und verzweifelt erschienen ließ. Er blies hörbar die Luft aus. „Ruh dich heute aus. Ich sehe morgen Nachmittag nach dir. Falls ich etwas von Master Friedrich höre, melde ich mich sofort bei dir.“

Sie nickte und schluckte schwer. Ihre Beziehung war ohnehin schon kompliziert genug, auch ohne, dass er einen eifersüchtigen Neandertaler mimte.
Frank ging wieder zur Tür und fasste nach der Klinke, zögerte aber die Tür zu öffnen. „Zwischen dir und Michael … War jemals etwas zwischen euch? Ich könnte es verstehen. Ich meine, wenn du dich in ihn ... Er ist jünger als ich“, sagte er leise.
Mike war vierzig. Sicher er war jünger und der Altersunterschied zwischen ihr und Frank war nicht unerheblich, doch hatte sie darin nie ein Problem gesehen. Jessica war mit zwei Schritten bei ihm und legte ihre Hand beruhigend auf seinen Arm. Sie wollte nicht, dass sie im Streit auseinander gingen und er seine Wut und Unsicherheit vielleicht  an Mike ausließ. „Nein, es war nie etwas zwischen mir und Mike … Ich liebe dich, okay? Nur dich!“

Er drehte sich zu ihr um und zog sie unvermittelt in eine feste Umarmung. Sein Mund legte sich beinahe schon schmerzhaft auf ihren. Von der Heftigkeit war sie etwas überrannt, dennoch öffnete Jessica ihre Lippen für seine Zunge, die er fordernd in ihren Mund stieß. Er küsste sie lange und seine Hände legten sich in einer besitzergreifenden Geste auf ihren Hintern und schoben sie noch enger an sich. Jessica erwiderte seinen leidenschaftlichen Kuss und krallte sich in seine Schultern. Sie wollte ihm keinen Anlass bieten, an ihren Worten zu zweifeln.
Frank beendete den Kuss genauso plötzlich, wie er begonnen hatte. Sein Lächeln wirkte reuig und sie fühlte erleichtert, wie er sich entspannte.
„Tut mir leid, Jessie. Mein Ausbruch war nicht angemessen … Ich lasse dich jetzt allein“, murmelte er und ließ sie ohne ein weiteres Wort  in ihrer Wohnung zurück. 


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